Zeitgeschichtliche Kontroversfragen der Bundesrepublik Deutschland
Hausarbeit vom 28.09.2001
Universität Rostock/Institut für Politik und Verwaltungswissenschaften

  1. 1.0 Die Wurzeln des Terrorismus

  2. 2.0 Historischer Rückblick (I)

  3. 2.0.1. Faschismusvorwurf zwischen 1966-1970

  4. 3.0. Historischer Rückblick (II)

  5. 4.0 Die Gründung der Roten Armee Fraktion (I)

  6. 4.0.1. RAF-Konzept "Stadtguerilla"

  7. 5.0 Die Gründung der Roten Armee Fraktion (II) und der politische Kampf

  8. 7.0 Der Deutsche Herbst/Landshut

  9. 8.0 Der Terrorismus und seine Folgen

  10. 9.0 Die Begünstigung des Terrorismus durch den Marxismus?

  11. 10.0 Die RAF in den 80er Jahren.

  12. 11.0 Literatur/Auswahlbibliographie





6.0 Der Deutsche Herbst/Die Entführung von Hanns Martin Schleyer


Der Arbeitgeberpräsident verlässt am 5. September 1977 sein Büro und fährt mit seiner persönlichen Sicherheitsgruppe in Richtung Wohnung.
Die Wagenkolonne wird von einen kleinen Auffahrunfall mit einem Kinderwagen gestoppt und das entpuppt sich als Hinterhalt.. Christian Klar, Stefan Wisnewski, Peter Jürgen Boock und Birgit Mohnhaupt sahen jetzt ihre Chance und begannen mit dem Schusswechsel, alle Begleiter von Hanns Martin Schleyer sterben im Kugelhagel.
Der Arbeitgeberpräsident wird durch diese Aktivität aus dem Auto gezerrt und in eine dafür extra angemieteten Wohnung verschleppt. Hier wird er bis zum 16.September 1977 gefangen gehalten. 1 

Der Arbeitgeberpräsident ist ein Wirtschaftsführer wie aus dem Bilderbuch, er schaffte es aus dem vergleichsweise harmlosen Arbeitgeberverband eine wichtige Institution zu schaffen, im Juni 1976 wählt ihn der Bundesverband der Industrie (BDI) zu seinem Präsident, damit gibt es zum erstenmal einen "Doppelpräsidenten" der Unternehmensverbände, die nun mit einer Stimme sprechen können. 2  Beim Autotausch während der Entführung hinterlassen die Terroristen Forderungen, die beinhalten, dass die Bundesregierung keine öffentlichen Fahndungsmaßnahmen einleiten sollen, sonst wird mit dem Tod des Herrn Schleyers gedroht.
Am nächsten Tag bekommt der evangelische Dekan Neuschäfer weiteres Material über die Entführung zugeschickt, mit dem Signum "Kommando Siegfried Hausner (Siegfried Hausner war der Name eines toten Genossen, dieser starb bei der Besetzung der deutschen Botschaft 1975 in Stockholm).

Dieser Überfall war der vorläufige Höhepunkt in der Auseinandersetzung zwischen Rote Armee Fraktion und dem Staat Bundesrepublik Deutschland und diente nur einem Zweck.
Der Befreiung der RAF-Gefangenen: Andreas Baader,Gudrun Ensslin,Jan Carl Raspe, Verena Becker ,Werner Hoppe ,Karl Heinz Dellwo ,Hanna Krabbe, Bernd Rößner, Ingried Schubert und Imgard Möller. 3 
Die Gefangenen sollten in einem Land ihrer Wahl einreisen dürfen, des Weiteren sollte jeder Inhaftierte 100 000 DM bekommen, der Pfarrer Nienmöller und der Genfer Anwalt Dennis Payot sollten diese beim Austausch begleiten.

Die Entführer gingen davon aus, dass Helmut Schmidt in dieser Sache schnell reagieren würde, doch die Entscheidung sah anders aus: Die Geisel solle lebend befreit , die Entführer sollten verhaftet werden, die Handlungsunfähigkeit des Staates ist zu wahren und die Gefangenen verbleiben in ihrer Isolationshaft in Stammheim.
Eine Nachrichtensperre wurde verhängt. Durch diese Entscheidung gab es für die RAF kein Zurück mehr und hatte dem Staat entgültig und ultimativ den Krieg erklärt.
In vielen Punkten begann der Rechtsstaat seine Prinzipien aufzugeben, die Devise hieß zu dieser Zeit "Zeit gewinnen".

Die RAF benannte die Entführung intern mit dem Codewort "Spindy". Spindy war die Verballhornung des Wortes Spindel (dürr), das exakte Gegenbild von Hanns Martin Schleyer.
Während der Gefangennahme in der konspirativen Wohnung wurden von der Polizei wichtige Fehler gemacht, so war der Polizei bekannt, unter welchem Namen die Wohnung gemietet worden war.
Des Weiteren wäre das Fluchtauto fast von der Polizei eingezogen worden, weil es dem Hausmeister verdächtig vorgekommen war. Sogar der Deckname der "Mieterin" war als Tarnname im Fahndungscomputer des BKA registriert , doch die Entführer blieben bis dahin unentdeckt. 4 

Am 16. September wurde Schleyer für drei Tage nach Den Haag gebracht. Davor wurde aber versucht, falsche Fährten zu legen. So wurde das letzte Fluchtauto mit ein paar persönlichen Dingen des Entführten in der Nähe der Schweizer Grenze abgestellt. 5 
Doch trotz der kurzzeitigen Verwirrungen des Fahndungsapparates wird die Situation für die Rote Armee Fraktion immer unübersichtlicher, obwohl die Mitglieder an alle wichtigen öffentlichen Zeitungen und Behörden die Ultimaten überreichte. Die Bundesrepublik schob die Freilassung der Stammheimer Gefangenen immer weiter in die Länge.
Während der Haft wurde Schleyer durch die Entführer über das kapitalistische System, dem Repressionsapparat und die Aktivitäten der Daimler-Benz AG interviewt. Diese Befragung wird auf Band aufgenommen und sollte als Propagandamaterial für weitere Aktion dienen.

Zwischen den Entführern und Geisel entwickelte sich eine Art von persönlicher Beziehung das wiederum war ein wichtiger Grund weshalb Schleyer sterben musste Die Bundesrepublik verlangte immer neuere Lebenszeichen von dem Entführten, um die RAF zu verwirren, die Geduld der Terroristen neigte sich langsam seinen Ende entgegen. Als Begründung für die Nichtbefolgung wurde der RAF erklärt, es ließe sich kein Land finden, das bereit sei, die Stammheimer Gefangenen aufzunehmen.
Am 19. September kam es in Den Haag zu einer Schießerei mit der Polizei, für die Gruppe Anlass genug, Schleyer schnellsten aus der Stadt heraus zu schaffen. Es kommt fast zu einer Katastrophe bei einem Versuch ein neues Fluchtauto zu besorgen, ein RAF-Mitglied wird dadurch verhaftet.
Eine anderes Mitglied, das bei dieser Aktion dabei gewesen war, konnte zwar fliehen wurde aber von der Gruppe kritisiert, weil diese Person sich nicht verteidigt hätte, um ihren Partner zu unterstützen und wird in den Irak abgeschoben, wo andere Gruppenmitglieder, die das Konzept und den Ablauf der Operation "Spindy" stören könnten, schon waren. 6 

Im Irak, genauer gesagt in Bagdad, entstand eine Art von Operationsbasis, den Mitgliedern wurde es langsam klar, dass ein Austausch Schleyers immer unwahrscheinlich wird. Auf Seiten der Bundesrepublik eröffnete sich der Gedanke, dass die lebendige Befreiung von Hanns Martin Schleyer geringer wird.
Die RAF verstand sich in diesen Momenten so zu verstecken, dass es keinen Aufenthaltsort für die Behörden zu entdecken gab. Die Stammheimer Gefangenen waren ständig in Verbindung und die Bundesregierung versuchte diesen Fakt zu unterdrücken. Am 30.September 1977 beschloß man, das Kontaktsperregesetz und legitimierte damit eine Praxis, die die Regierung seit Beginn der Entführung ohne Rechtsgrundlage anwendete: Jeder Kontakt nach innen oder außen ist den Inhaftierten untersagt.
Doch trotz dieses Gesetzes kann die Informationsflut nach innen bzw. außen nicht vollständig gestoppt werden, durch selbstgebaute Kommunikationseinrichtungen informieren sich die Gefangenen und die RAF-Führung untereinander.




  1. Andreas, Michel; Kanonenberg, Müller: Die RAF-STASI-Connection. Berlin 1992 . S. 26
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  2. Peters, Butz: RAF Terrorismus in Deutschland. Stuttgard 1991. S.239
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  3. Andreas, Michel; Kanonenberg, Müller: Die RAF-STASI-Connection. Berlin 1992 . S. 31
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  4. Ebenda, S.33
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  5. EAndreas, Michel; Kanonenberg, Müller: Die RAF-STASI-Connection. Berlin 1992 . S. 33
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  6. Ebenda, S. 35
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