Zeitgeschichtliche Kontroversfragen der Bundesrepublik Deutschland
Hausarbeit vom 28.09.2001
Universität Rostock/Institut für Politik und Verwaltungswissenschaften

  1. 2.0 Historischer Rückblick (I)

  2. 2.0.1. Faschismusvorwurf zwischen 1966-1970

  3. 3.0. Historischer Rückblick (II)

  4. 4.0 Die Gründung der Roten Armee Fraktion (I)

  5. 4.0.1 RAF-Konzept "Stadtguerilla"

  6. 5.0 Die Gründung der Roten Armee Fraktion (II) und der politische Kampf

  7. 6.0 Der Deutsche Herbst/Die Entführung von Hanns Martin Schleyer

  8. 7.0 Der Deutsche Herbst/Landshut

  9. 8.0 Der Terrorismus und seine Folgen

  10. 9.0 Die Begünstigung des Terrorismus durch den Marxismus?

  11. 10.0 Die RAF in den 80er Jahren.

  12. 11.0 Literatur/Auswahlbibliographie



Der "deutsche Herbst" (1977)



1.0 Die Wurzeln des Terrorismus

Die Frage nach den Wurzeln des Terrorismus ist zugleich die Frage nach den Wurzeln der Gewalt. Die Wissenschaft beschreibt hier das Energiemodell der Triebtheorie- Frustrations und Aggressionstheorie.
Die Triebtheoretiker gehen von einer ungeborenen, ständig fließenden Quelle aggressiver Energien aus, wie zum Beispiel Siegmund Freud (1856-1939). Nach Freud ist die Aggressionstheorie mit dem Todestrieb verwand, der im Endeffekt auf die Selbstvernichtung des Menschen gerichtet ist.
Das heißt , der Terrorismus ist, bzw. wird zu einer Art von "Ersatzkrieg". Ein Ablassventil für Aggressionen entwickelt sich und wird somit mit einer oft verworrenen "sozialen Idee" gerechtfertigt.1  Die Frustrations-Aggressions-Theorie von J. Dollard und L. Boob (1939) geht davon aus, dass durch Frustration aggressive Spannungen erzeugt wird, deren Ablauf nur durch aggressive Handlungen möglich ist. Das bedeutet, dass die Frustration ein Aggressionspotential bildet.2 

Aber Gewalt kann auch ohne Frustration auftreten. Die Anwendung von aggressiver Gewalt, wenn sie sich zur Befriedigung von Bedürfnissen als effektiv erweist, kann erlernt werden. Doch trotz dieser Definitionsversuche glauben die Psychologen kaum, dass Aggression mit einer Theorie zu erklären ist.
Denn der Terrorismus kann nicht in Analogie zu den Alltagskonflikten gesehen werden. Politische Gewalt ist nicht dasselbe wie individuelle Gewalt. Der politische Frieden darf nicht mit persönlicher Friedfertigkeit verwechselt werden.
Das kann man mit folgendem Beispiel beweisen: 1958 verfasste Ulrike Meinhof, später ein Gründungsmitglied der Roten Armee Fraktion, einen Brief an die Studentenschaft.
Sie studierte zu dieser Zeit in Münster Pädagogik und Psychologie. Darin hielt Frau Meinhof es für selbstverständlich, dass es "nicht nur um den Erhalt des Friedens, sondern um den Erhalt des Freiheit" gehe. Sie führte weiter auf, dass die "Diktatur östlicher Prägung" sich gegen die dort lebenden Christen richtet und dass die Bundesrepublik durch atomare Aufrüstung den Atheismus zu kritisieren versucht. Doch das sei nach den Grundsätzen zu tiefst unchristlich.3 

Ein Jahr zuvor (1957) trat sie in den " Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS)" ein, der Studentenorganisation der SPD und bildete dort den "Anti-Atomtod-Ausschuß". Die Göttinger Erklärung vom 12. April 1957 bildete die Grundlage dieser Erklärung. 18 westdeutsche Atomwissenschaftler und Nobelpreisträger wandten sich gegen jede atomare Bewaffnung der Bundeswehr.
Die Aufrufe fanden die Zustimmung zahlreicher Gewerkschafter , Professoren, Künstler, Lehrer und Schriftsteller. 4 
Ulrike Meinhof meinte weiter, dass jeder Mensch in welcher Situation auch immer, unter jedem System, in jeden Staat die Aufgabe hat, Mensch zu sein und seine Mitmenschen zur Verwirklichung seines Menschseins zu helfen. Diese humanitäre Ideen veränderten sich schlagartig, als sie der RAF beitrat und 1971 das Konzept der "Stadtguerilla" entwickelte.

Damit verließ sie den Boden ihrer sozialistischen Politik und wurde, anstatt revolutionär, radikal. 5  Radikal zu sein bedeutet, die Sache an den Wurzeln zu fassen, die Wurzeln für den Mensch sei der Mensch aber selber. Dadurch begibt man sich in eine selbstgewählte Isolation und Ausweglosigkeit. Der Weg in die Kriminalität , bzw. in einem menschenverachtenden Terrorismus ist somit vorgezeichnet . Meinhof zitiert weiter, dass eine bewaffnete Organisation gerechtfertigt sei, um ihr Konzept durchführen zu müssen. "Stadtguerilla ist bewaffneter Kampf. Und die Pflicht eines Revolutionärs sei es immer zu kämpfen sogar bis in den Tod".
Diese Entwicklung vom vernünftigen Verhalten humanitären Handelns bis zum menschenverachtenden Kampf zeigt, dass der Terrorismus nicht in einer einzigen wissenschaftlichen Begründung zu finden ist, sondern das seine Entstehung komplexer Natur sei.
Ursachen und Faktoren wie zum Beispiel Unfreiheit, Ungleichheit, Ungerechtigkeit, Armut Arbeitslosigkeit, Sadismus, Hass und Ärger spielen eine wichtige Rolle und sind sehr wichtige Ansatzpunkte für die Motivation. Der Grund zur Gewalt oder Terrorismus steckt tief in uns, es gehört zu unserem Erbe. Doch wir selber entscheiden wie ,bzw. ob dieses Erbe überhaubt zum Vorschein kommt. Somit ist eine weiter Betrachtung ziemlich schwierig.




  1. Ellinger , Alfred: Terror und Terrorabwehr. Wien 1990. S.51
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  2. Ebenda, S. 53
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  3. Ebenda, S. 54
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  4. Aust, Stefan: Der Baader Meinhof Komplex. München 1998. S. 35
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  5. Ellinger , Alfred: Terror und Terrorabwehr. Wien 1990. S.55
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