Zeitgeschichtliche Kontroversfragen der Bundesrepublik Deutschland
Hausarbeit vom 28.09.2001
Universität Rostock/Institut für Politik und Verwaltungswissenschaften

  1. 1.0 Die Wurzeln des Terrorismus

  2. 2.0 Historischer Rückblick (I)

  3. 2.0.1. Faschismusvorwurf zwischen 1966-1970

  4. 3.0. Historischer Rückblick (II)

  5. 4.0 Die Gründung der Roten Armee Fraktion (I)

  6. 4.0.1. RAF-Konzept "Stadtguerilla"

  7. 6.0 Der Deutsche Herbst/Die Entführung von Hanns Martin Schleyer

  8. 7.0 Der Deutsche Herbst/Landshut

  9. 8.0 Der Terrorismus und seine Folgen

  10. 9.0 Die Begünstigung des Terrorismus durch den Marxismus?

  11. 10.0 Die RAF in den 80er Jahren.

  12. 11.0 Literatur/Auswahlbibliographie





5.0 Die Gründung der Roten Armee Fraktion (II) und der politische Kampf


Seit Anfang der 80er Jahre sah sich die RAF nicht mehr nur als verlängerter Arm der Befreiungsbewegung der Dritten Welt, sondern als eigenständige Gruppe im "imperialistischen Zentrum Westeuropas". Ziele ihres "antiimperialistischen Kampfes" waren die Sicherheitsbehörden sowie der sogenannte "militärisch-industrielle Komplex" (MIK), also die Verflechtung von Politik, Militär, Kapital und Industrie.
Das ursprüngliche Organisationskonzept der RAF beinhaltete die Verbindung von Stadtguerilla und Basisarbeit an den bestehenden sozialistischen Gruppen, musste jedoch aufgrund der zunehmenden Präsenz der Verfassungsschutzorgane in den politischen Gruppen verworfen werden.

Das strategische Ziel bestand nun darin ein flächendeckendes Netz von Unterstützergruppen ,Sympathisanten WG`s und konspirativen Wohnungen aufzubauen.
Der Kampf sollte "effektiv" und unabhängig von Zeit und Ort gestaltet werden. So sollte die RAF einen Phantomstatus bekommen und verstand sich in ihren Grundideen als eine Art von Schnittstelle zwischen legalen und illegalen, nationalen und internationalen Kampf zwischen den strategischen und taktischen Bestimmung der internationalen kommunistischen Bewegung.
1970 wurden in einem spektakulären Dreierschlag drei Berliner Banken überfallen, um die Finanzierung ihres aufwendigen konspirativen Lebensstil zu finanzieren. 1971 beging die Bande mehrere bewaffnete Raubüberfälle und Sprengstoffanschläge. In dieser Zeit konnte sich die RAF auf ein weites Sympathisantenfeld stützen.

Bei einer Untersuchung des Allensbacher Meinungsforschungsinstituts erklärten 1971 25 % der unter dreißigjährigen Bundesbürger "gewisse Sympathien" für die RAF zu haben. Jeder zwanzigste erklärte sich sogar bereit, gesuchte Untergrundkämpfer für eine Nacht zu beherbergen.18% der Befragten betonten, dass die Untergrund-Gruppe "auch heute noch vor allem aus politischer Überzeugung handele". 1 
Im Jahre 1972 ging die RAF schließlich mit solcher Gewalt zur offensiven Aktionen über, dass sich die linke Sympathisantenszene von ihr abzuwenden begann.
Aufgrund ihres Lebens in der Illegalität, der unentschuldbaren Opferung von Menschenleben und das Fehlen eines Distributationsapperates konnte die Gruppe jetzt keinen Zulauf an Sympathisanten mehr vermerken. Der Aufbau eines überregionalen Netzes hatte somit keinen Ansatzpunkt, denn wer sollte für eine Unterstützung gewonnen werden, wenn die Anwendung von bewaffnetem Terror und Untergrundaktionismus für die Bevölkerung kein legitimes Mittel darstellte.
Die Kommandoebene konnte den Anspruch von Unterschlupfen an jedem Ort und zu jeder Zeit, Waffenlager und Kommunikationsmöglichkeiten gleichmäßig verteilt und überall schnell zu erreichen, ein verzweigtes System mit Sympathisanten und sich ständig dynamisch erweiternden Komplex von Widerstand und Agitation nicht wirklich realisieren.

Deshalb verlegte man sich auf die Aufnahme internationaler Beziehung zu gleich gesinnten Organisationen im europäischen Raum und nahen Osten, um wenigstens ein europaweites Netzwerk linksradikaler Terrorkultur etablieren zu können. Doch diese Bemühung scheiterten, die IRA verweigerte die Zusammenarbeit, da sie sich als Befreiungsfront des irischen Volkes sahen. Effektiv kam es nur zu einer Zusammenarbeit mit der PLO, die sich auf eine Ausbildung in einem PLO-Camp und die Lieferung von Geld und Ausrüstung beschränkte und mit der französischen Action direkte. 2 
Im Mai 1972 führte die RAF eine Serie von sechs Bombenanschlägen gegen zwei Polizeidienststellen, zwei amerikanische Militäreinrichtung, den Wagen eines Bundesrichters und das Springer-Hochhaus in Hamburg durch.
Im selben Jahr konnten die führenden Mitglieder der 1. Generation der RAF festgenommen werden. So allein im Juni 1972 Andreas Baader, Holger Meins, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof. Doch die Terroristen setzten ihren radikalen politischen Kampf auch in der Haftanstalt fort. Die Verteidiger der RAF spielten hierbei eine unrühmliche Schlüsselrolle.

Denn ohne sie hätte die RAF nicht so ein ausgeklügeltes Informationssystem aufbauen können. 3 
Nach der Verhaftung der Ersten Generation war die Armee Fraktion entscheidend geschwächt. Das 1970 gegründete Sozialistische Patienten Kollektiv wurde in dieser Phase zur Hauptrekrutierungsquelle für neue Gruppenmitglieder. Die zweite Rekrutierungsquelle waren die verschiedenen "Komitees zur Unterstützung der Politischen Gefangene", die sich an vielen Orten der BRD mit der Betreuung inhaftierter Terroristen beschäftigten. 4 
Über diese Verbindungen war die inhaftierte Führungsliga von etwa 1972 bis 1975 in der Lage, den Kampf außerhalb der Haftanstalten fortzusetzen Bis 1975 wurden die Befehle zu einer Befreiungsaktion an die noch nicht inhaftierten RAF-Mitglieder immer fordernder.

Bei der Ermordung von zwei Botschaftsangehörigen und die anschließende Sprengung der Botschaft in Stockholm wurden zwei Terroristen tödlich verletzt. Diese Aktion sollte den harten Kern der Führungsliga freipressen, entwickelte sich aber in ein Fiasko, auch der Selbstmord von Ulrike Meinhof am 9. Mai.
1976 stellte einen weiteren schweren Rückschlag für die RAF dar. 5  Das immer massivere Drängen der einsitzenden Terroristen, endlich eine Befreiungsaktion durchzuführen, das herannahende Ende des Prozesses und die wieder zur Verfügung stehende notwendige Anzahl von Terroristen ließen dann die Offensivphase der RAF 1977 zu einem nie wieder erreichten Höhepunkt der Gewalt kulminieren. 6 
Die Serie der bisher schwersten Terroranschläge der RAF wurde mit der Ermordung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback am 7. April 1977 eröffnet, am 30. Juli 1977 wurde der Vorstandsvorsitzende der Dresdner Bank Jürgen Ponto ermordet. Die folgende Entführung von Hanns Martin Schleyer am 5. September 1977 und die Ermordung seiner vier Begleiter war der bisher schwerste Anschlag linker Terroristen in der BRD.
Damit wurde der Deutsche Herbst eingeleitet.




  1. Rabert, Bernhard: Terrorismus in Deutschland. Bonn 1991. S.47
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  2. aus Internet: http://www.geocities.com/MotorCity/Downs/9693/raf.htm
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  3. Rabert, Bernhard: Terrorismus in Deutschland. Bonn 1991. S.48
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  4. Ebenda, S. 49
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  5. Ebenda, S. 51
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  6. Vgl. dazu Bundesminister des Inneren, Verfassungsschutzbericht 1977. S. 117
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