Einigen Vertretern der linken Szene erschienen die bisherigen Aktionen nicht angemessen. Sie verurteilten ausdrücklich
jegliche Art von Verbalradikalismus ohne aktiven Kampf. Der einzig legitime Weg bestand ihrer Meinung nach in der Schwächung des
Kapitals durch Aktionen im Untergrund. Damit sollte ein angemessener Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung und eine Sympathisierung erreicht werden.
Und so geschah die erste Kaufhausbrandstiftung am 2. April 1968 durch Andreas Baader, man wollte die symbolische Verbindung zwischen brennenden Hütten
in Vietnam und dem Angriff auf das hiesige Großkapital schaffen.
Im Mai 1970 bildete sich nach der Gefangenbefreiung des Andreas Baader in Berlin die "Rote Armee Fraktion".
Sie stellt bis heute das praktisch nachhaltigste und theoretisch fundierteste Konzept der politischen Untergrundverbindung vor.1
Die Gründungsgruppe war ein Kreis um Ulrike Meinhof und Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Horst Mahler. Sie wollten nach dem Vorbild südamerikanischer Terroristen den "bewaffneten Kampf"
als Stadtguerilla aus dem Untergrund führen.
4.0.1 RAF-Konzept "Stadtguerilla"
Die RAF war vor der aktiven Gründung auf der Suche nach einem Statut für den bewaffneten Kampf,
das einerseits den taktischen Gebrauch von Gewalt legitimieren konnte, anderseits jedoch eine Sympathisierung
breiterer Massen mit dem strategischen Ziel der RAF bewirken soll.
Einen Ansatzpunkt über diese Suche findet man im "Handbuch des Guerillakrieges" von Che Guevara und dem
lateinamerikanischen Guerillakrieg in Bolivien und Peru. Die Interpretationen des eigenen Kampfes wird als ungleicher
Partisanenkrieg zwischen einer kleinen elitären Gruppe und das übermächtige System angesehen.
Diese Glorifizierung des Kampfes
wird als höchste Form des Marxismus-Leninismus betrachtet. Der Mythos von der Allgegenwart des Systems und seine Unverletzbarkeit
sollte zerstört, der staatliche Herrschaftsapparat an einigen Stellen destruiert werden.2
Der Terrorismus unterscheidet sich jedoch von Guerilla schon durch völlig andere Zielsetzung. Der Terrorismus ist an der psychologischen Wirkung
seines Handelns interessiert. Ziel der Guerilla ist hingegen die materielle Niederwerfung des Gegners. 3
Die Guerilla besetzt tendenziell den Raum, um später das Denken gefangen zu nehmen- der Terrorist besetzt das Denken, da er den Raum nicht nehmen kann.4
Doch die Grenzen zwischen den beiden Aktionen sind nicht genau erkennbar, man muss die Ansätze gleichsetzen. Sie sind in der Praxis nicht voneinander zu trennen.
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