Zeitgeschichtliche Kontroversfragen der Bundesrepublik Deutschland
Hausarbeit vom 28.09.2001
Universität Rostock/Institut für Politik und Verwaltungswissenschaften

  1. 1.0 Die Wurzeln des Terrorismus

  2. 2.0 Historischer Rückblick (I)

  3. 2.0.1. Faschismusvorwurf zwischen 1966-1970

  4. 4.0 Die Gründung der Roten Armee Fraktion (I)

  5. 4.0.1 RAF-Konzept "Stadtguerilla"

  6. 5.0 Die Gründung der Roten Armee Fraktion (II) und der politische Kampf

  7. 6.0 Der Deutsche Herbst/Die Entführung von Hanns Martin Schleyer

  8. 7.0 Der Deutsche Herbst/Landshut

  9. 8.0 Der Terrorismus und seine Folgen

  10. 9.0 Die Begünstigung des Terrorismus durch den Marxismus?

  11. 10.0 Die RAF in den 80er Jahren.

  12. 11.0 Literatur/Auswahlbibliographie





3.0. Historischer Rückblick (II)


Die Demonstration gegen den Schah-Besuch stellte die erste Konfrontation zwischen Jugendlichen und Polizei dar. Ein Todesopfer (Benno Ohnesorg) wurde damals am 2. Juni 1967 auf Seiten der Studenten beklagt. Der Täter, ein Polizist, ging straffrei aus.
Daraus ergaben sich weitere Studentenunruhen, die sich nicht nur gegen die Zustände an den Universitäten richteten, sondern darüber hinaus auf eine Veränderung der Herrschaftsverhältnisse in Staat und Gesellschaft abziehlte. Jene progromartige Stimmung gegen Studierende führte zu beachtlicher Solidarisierung nicht nur durch Hochschullehrer, sondern darüber hinaus durch das Spektrum der jungen Intelligenz (Schülerbewegungen usw.).
1  Ihren Höhepunkt erreichten diese Unruhen nach dem Mordversuch an Rudi Dutschke in den Ostermärschen und sogenannten Osterkrawallen von 1968 . Jetzt formierte sich die APO (außerparlamentarische Opposition) gegen die geplante Notstandsverfassung der Bundesrepublik.

Trotz Demonstrationen und intensiven Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit und im Parlament verabschiedete der Bundestag am 30. Mai 1968 mit verfassungsändernder Mehrheit diese Gesetze. Die Bundeswehr wurde dadurch zu einem Instrument der Kontrolle innergesellschaftlicher Widersprüche.
Das heißt, dass die Bundeswehr zu innenpolitischen Zwecken, also bei inneren Unruhen eingesetzt werden konnte. In einer weiteren Grundgesetzänderung wurde die bislang von alliierten Stellen geübte Abhör-Praxis, die allerdings bislang im Auftrag deutscher Geheimdienste geschehen war, legalisiert. Es wurden nunmehr Beschränkungen für das Post-und Fernmeldegeheimnis gemacht, sie brauchten dem Betroffenen nicht mitgeteilt werden und die Nachprüfbarkeit ihrer Angemessenheit sollte nicht Angelegenheit des Rechtsweges, sondern von der Volksvertretung bestellter Organe und Hilfsorgane sein. 2 
Viele Demonstrationen folgten und "Gewalt gegen Sachen" wurde als Kampfmittel eingesetzt. 3  Das heißt, in diesen Auseinandersetzungen wurde bewusst Gewalt angewendet, der Konflikt mit der Polizei wurde provoziert. Doch die von der SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund) propagierte Taktik schloss Gewalt gegen Personen prinzipiell aus. Der passive Widerstand stand im Vordergrund um weitere Opfer politischer Gewalt zu gewinnen.

Dadurch sollte ein Solidarisierungseffekt unter den Studenten erreicht werden. An einen Übergang zu direkt gegen Personen gerichtete Gewalttaten dachte damals noch niemand.
Aber durch die bewusst herausgeforderte Polizeigewalt ließ bald in einigen Gruppen den Gedanken an Bewaffnung auftauchen. Durch massive Studentenhetze privater Printmedien, in diesem Fall der Axel-Springer -Verlag, dem sich allerdings auch Berliner SPD und CDU- Politiker sowie Gewerkschaftsfunktionäre anschlossen, verschärfte sich die Lage immer mehr. Allerdings erreichte man das Gegenteil und ein positives Echo in der Bevölkerung setzte ein. Die studentische Linke begriff man nun als eine Gruppe, die den Versuch machte eine bessere, freiere Art zwischenmenschlichen Lebens zu entwickeln. Daher konnten sich die Demonstranten auf ein gewisses Wohlwollen stützen. So geschah es, dass das Demonstrationsrecht liberalisiert wurde.

Doch das änderte sich, als kleine Gruppen innerhalb der Linken immer eindeutig zu Terrorakten übergingen. Doch zuerst dominierten die sogenannten "Haschrebellen" Westberlins, die es als Spaß verstanden, Molotow-Cocktails und Bomben zu werfen, ohne dabei Menschenleben zu gefährden. Doch nach zwei Toten auf Seiten dieser Gruppe und Regierung wurde der aktive Kampf eingestellt. 4  Die Baader-Meinhof Leute, die sich 1970 organisierten, warfen nicht mehr nur Bomben, sondern versorgten sich mit Schusswaffen. Sie verstanden sich als Stadt-Guerillas, die sich an weltweiten Befreiungskämpfen für die Dritte Welt einsetzten.
Ihre eigene Imperialismus- Analyse forderte den bewaffneten Kampf gerade zu heraus. Auf diese Weise isolierten sie sich total von der linken Szene, das wurde noch deutlicher, als sie Kontakt mit der palästinensischen Befreiungsbewegung aufnahmen. Die Nazivergangenheit der BRD brachte die Gruppe zu einem erheblichen, solidarischen Anteil mit den Palästinensern. Aus den sogenannten Antisemiten wurden Philosemiten, die alles lobten, was auch immer im Staate Israel und von israelischen Politikern getan wurde, Aus dem tötlichen Hass wurde kritiklose und solidarische Bejahung, denn gerade aus Solidarität mit dem jüdischen Volk kann und muss man die Politik kritisieren dürfen, wenn man zu der Erkenntnis gelangt, dass sie ins Verderben führt. 5 
Diese Gesinnung war bei den deutschen Politkern zu gering vertreten und als Fazit führte das in der linken Szene zu einer proarabischen Haltung.

Doch auch die arabische Seite wurde kritisiert, weil sie eine bewusste Steigerung des Hasses und die Ausbreitung eines brutalen Chauvinismus förderten. So hätte zum Beispiel das Elend der Flüchtlinge aus Palästina von den wohlhabenden Ölländern beseitigt werden können, doch stattdessen wurde diese humanitäre Katastrophe (Palästinafrage) zu einem Integrationsmittel der arabischen Welt.
Ein Teil der radikalen Linken wurde in Jordanien ausgebildet , auf Seiten der Jordanier erhoffte man sich durch diesen Akt eine gewisse Propagandawirkung in Europa bzw. Deutschlands über die Zustände in diesen Land. Dabei entwickelte sich in den radikalen Gruppen ein neuer Grundsatz "Die Veränderung des Menschen entwickelt sich im Kampf, mit der Waffe an der Hand". 6 
Ein weiterer wichtiger Grund zum Übergang in den Terror spielten die Medien. Die RAF und einigen anderen Splittergruppen, die sich aufgrund ihrer Illegalität von der APO lösten und isolierten, glaubten über die Medien, die ja über diese spektakulären Aktionen berichteten, eine direkte und zugleich aufrüttelnde/aufklärende Wirkung zu erreichen. Das folgende Motto "die Revolution wird nicht über politische Arbeit aufgebaut, sondern durch Schlagzeilen" entsprach also dem Zeitgeist dieser Gruppen. Man erkennt darin die Überbewertung der Presse, da man versuchte, eine winzige Minderheit mit allen Mitteln Publizität zu erlangen. Es entwickelte sich, unter anderem gespeist durch die Wahrnehmung eigener politischer Ohnmacht, eine neue Kultur der Gewalt.




  1. Borowsky, Peter: Deutschland 1970-1976. Hannover 1980. S. 8
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  2. Rupp, Karl-Hans: Politische Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. München 2000. S. 175
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  3. Fetscher, Iring: Terrorismus und Reaktion. Frankfurt am Main 1977. S. 15
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  4. Ebenda,S.16
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  5. Fetscher, Iring: Terrorismus und Reaktion. Frankfurt am Main 1977. S. 18
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  6. Ebenda, S.19
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