Zeitgeschichtliche Kontroversfragen der Bundesrepublik Deutschland
Hausarbeit vom 28.09.2001
Universität Rostock/Institut für Politik und Verwaltungswissenschaften

  1. 1.0 Die Wurzeln des Terrorismus

  2. 2.0 Historischer Rückblick (I)

  3. 2.0.1. Faschismusvorwurf zwischen 1966-1970

  4. 3.0. Historischer Rückblick (II)

  5. 4.0 Die Gründung der Roten Armee Fraktion (I)

  6. 4.0.1. RAF-Konzept "Stadtguerilla"

  7. 5.0 Die Gründung der Roten Armee Fraktion (II) und der politische Kampf

  8. 6.0 Der Deutsche Herbst/Die Entführung von Hanns Martin Schleyer

  9. 7.0 Der Deutsche Herbst/Landshut

  10. 8.0 Der Terrorismus und seine Folgen

  11. 10.0 Die RAF in den 80er Jahren.

  12. 11.0 Literatur/Auswahlbibliographie





9.0 Die Begünstigung des Terrorismus durch den Marxismus?


Bei positiver Bejahung dieser Überschrift kann es passieren, muss aber nicht, das man terroristischen Vereinigungen, welche mit marxistisch-leninistischen Hintergrund arbeiten, aufgeschlossen gegenüber steht. Dies lässt sich dadurch beweisen, dass viele Mitglieder der RAF ihre Inspiration durch Marx beteuerten ,z.B. Rolf Pohle, Werner Lotze u.a. In einem Buch von Jean Ziegler und Uriel da Costa mit den bezeichnenden Titel "Marx wir brauchen Dich.
Warum man die Welt verändern muss." (München 1977) heißt es "Marx braucht nicht um Vergebung zu bitten, es gib nichts zu entschuldigen... An Lenins Terrorherrschaft, an den stalinistischen Massenmorden, am Lügengebilde sowjetischer-kommunistischer Ideologien... ist Karl Heinrich Marx so unschuldig wie ein neugeborenes Kind."1 
Bei dieser Betrachtung stellt man sich weiter die Frage: Warum sollte er überhaubt schuldig sein? Jean Ziegler fasst zusammen, dass Marx in der europäischen Geistesgeschichte, nicht als Übermittler der menschenverachtenden Ideen des Totalitarismus gesehen werden soll. Obwohl ein Großteil der Terroristen sich auf ihn bezogen haben.
Doch das ändert wieder die Betrachtungsweise und der revolutionäre Terrorismus steht im Vordergrund. Ziegler versucht hier einen Deutungsversuch. Das historisch Notwendige, der Fortschritt, hat somit das höhere Recht, Moral ist für Marx eine "Phrase". (abgegriffene, leere Redensart) .2  Denn jede Zeit habe ihre eigene Moral, das geschriebene Recht, wie zum Beispiel die Moral, sind Instrumente der Unterdrückung, die Ketten der alten Ordnung sollen gesprengt werden .Damit besitzt man das höhere Recht auf seiner Seite.

Das wird eindeutig klar in der "Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie". Er meint darin (Marx), dass Kritik allein nicht genüge.
Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffe nicht ersetzen (1843). Außerdem ist das Bekenntnis zur revolutionären Agitation das Kernstück des kommunistischen Manifest. "Mit einem Wort, die Kommunisten unterstützen überall jede revolutionäre Bewegung gegen die bestehenden gesells chaftlichen und politischen Zustände". Doch auch hier muss wieder entschieden werden, was ist revolutionär bzw. was ist Terrorismus. Terrorismus bedeutet Gewaltausübung (zum Beispiel Attentate auf Funktionsträger und Repräsentanten von Staat und Gesellschaft) durch Untergrundorganisationen mit einer politisch extremen Ideologie, die darauf abzielt, das bestehende Gesellschaftssystem umzustürzen Terrorismus ist also eine Form des politischen Extremismus, durch die systematische Anwendung von Gewalt.
Der Terror ist faktisch ein Ausdruck der politischen Isolation revolutionärer Minderheiten. Seine Ziele werden im Laufe des Kampfes unbrauchbar, weil der Terrorakt eine so dominierende Rolle einnimmt, das die politischen Vorgaben irrelevant sind. Revolutionen sind gewaltsame Umstürze der bestehenden politischen-sozialen Ordnungen. Ideologien spielen damit eine wichtig Rolle.

Die Übergänge werden hier wieder fließend, obwohl uns die Geschichte gezeigt hat, dass es auch Revolutionen auf fast gewaltlose Art gegeben hat.
Doch ist es dann eine Revolution? In einer Ansprache aus dem Jahre 1850, die von Marx und Engels gemeinsam formuliert worden ist, wird die Parole ausgegeben , dass die "Revolution in Permanenz gehalten werden muss". Vorab wird aber der Rat erteilt "weit entfernt, den sogenannten Exzessen, den Exempeln der Volksrache an verhassten Individuen oder öffentlichen Gebäuden, an die sich nur gehässige Erinnerungen knüpfen, entgegenzutreten..., diese Exempel muss man nicht nur dulden, sondern ihre Leitung wird selbst in die Hand genommen. 3 
So wurden zum Beispiel die Hinrichtungen des West-Berliners Kammergerichtspräsident Günther von Drenkmann, des Generalbundesanwalt Siegfried Buback und Präsident der Deutschen Arbeitgeberverbände Hanns Martin Schleyer mit der Argumentation des "Exempel der Volksrache..." von der RAF begründet.

Mit anderen Worten, die moralischen Skrupel bei der Durchsetzung des historischen Notwendigen sind abwegig. 4  Engels schreibt außerdem, dass die Revolution das autoritärste Ding sei, das es gibt. 5 
Autorität selber beschreibt Macht und das dazugehörige Durchsetzungsvermögen. Doch diese Statements muss man mit der allgemeinen Vorsicht betrachten, diese Aussagen beziehen sich auf das 19. Jahrhundert. Aufgrund von der Bevölkerungszunahme und die equivalente Zunahme der Armeen in Europa entstehen Angst und Unsicherheit in der Bevölkerung. Die soziale Sicherheit wurde gestört, obwohl es Phasen gab, die Tendenzen zeigten, dass es auch umgekehrt der Fall war (Anstieg der sozialen Sicherheit zum Beispiel durch die Erhöhung des Reallohnes und die Verringerung der Arbeitszeit.)
Abschließend kann man sagen, dass es keine genaue Beantwortung für diese Frage gibt. Es ist wie so vieles eine reine Auslegungssache. Fakt ist nur, dass die Aussteiger der RAF durch die DDR geschützt worden waren. Der Artikel 1. Abs. 1 der Verfassung der DDR von 1968 beinhaltet die Führung der DDR durch eine marxistisch-leninistische Partei, also existierte eine amtlich ideologische Grundlage für diese Tätigkeit.




  1. Löw,Konrad: Terror und Extremismus in Deutschland. Berlin 1994.S. 142
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  2. Ebenda, S. 142
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  3. Ebenda, S. 144
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  4. Ebenda, S. 147
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  5. Ebenda, S. 149
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  6. Ebenda, S. 151
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