Deutsche Könige und Kaiser im Mittelalter
Referat vom 17.12.2001
Universität Rostock/Historisches Institut



Otto III. "Der undeutsche Kaiser" (980-1002)



Ottos Herrschaftsantritt stand unter keinen guten Stern, als er dreijährig am Weihnachtsfest des Jahres 983 in Aachen zum König geweiht wurde. Diese Situation stellte im Mittelalter ein Problem dar. Der neue König war noch minderjährig und laut politischen und biblischen Überlieferungen stand dem Herrschaftsverbund schwerste Belastungen ins Haus.

Doch auch die Probleme von Otto dem Zweiten (Vater) erschwerten den Machtantritt des Kindskönigs. Im Juli 982 ereignete sich die vernichtende Niederlage des deutschen Heeres gegen die Sarazenen in Süditalien. Otto II. entkam aus dem militärischen Fiasko nur unter abenteuerlichen Umständen per Schiff.
In dieser Kampfhandlung starben damals mehr geistliche und weltliche Würdenträger, als im 10. Jahrhundert überhaupt. Als die Niederlage von Italien publik wurde, versuchten die Fürsten Einfluss auf die kaiserliche Politik zu nehmen und trafen in einem Hoftag bei Verona 983 zusammen.

Dort stand als wichtiger Hauptpunkt die Königswahl von Otto dem Dritten zur Diskussion. Diese Wahl war bisher einzigartig, da es sich um die einzige Königswahl südlich der Alpen handelte. Man wollte wahrscheinlich den Teil des Ottonischen Reiches aufwerten, der erst 951 in Besitz von Otto dem Großen überging.
Außerdem erhoben sich die Slawen im gleichen Jahr (983) östlich der Elbe und zerstörten die Bistümer Brandenburg und Havelberg. Diese Zerstörungen machten die Erfolge der Ottonischen Missionspolitik zunichte. Als unmittelbar danach die Nachricht vom Tode des Vaters eintraf, ging die Herrschaft formell auf Otto III. über. Im Streit um die Regentschaft war zunächst Heinrich der Zänker der nächste männliche Verwandte im Vorteil.


Das Problem des Vormundes


Heinrich der Zänker

Heinrich der Zänker kam aus der bayerischen Linie der Ottonen und war 974 mehrfach in bewaffnete Auseinandersetzung mit Kaiser Otto II. verstrickt gewesen. Er geriet dann unter die Aufsicht des Kaisers wurde aber nach einiger Zeit wieder begnadigt und verlor nach einer erneuten Erhebung sein Herzogtum. Unmittelbar danach kam er in Utrecht in Haft.

Diese endete nun mit dem Tod des Kaisers. Laut mittelalterlichem Recht war er ein Gefangener von Otto II. und kein Staatsgefangener.
Das bedeutet das die Gefangenschaft keine rechtliche Grundlage mehr besaß und er freigelassen werden musste. Aus der Haft entlassen bemächtigte er sich sogleich des jungen Königs. Auch hier war der Zänker laut der mittelalterliche Rechtssprechung klar im Vorteil, weil er der nächste Verwandte war und sich Großmutter, Mutter und Tante in Italien aufhielten.

Die Maske des Vormundes wurde bald fallengelassen und Heinrichs Aktionen konzentrierten sich auf die Übernahme der Königswürde.
Doch die Mehrzahl der Großen begegneten diesem Ansinnen mit zwiespältigen Argumenten und forderten, sie müssten hierzu die Erlaubnis ihres jetzigen Königs einholen. Diese Entscheidung spielte auf Zeit, da ja immer noch ungeklärt war wer hier der Entscheidungsträger sein sollte. Die Gegner von Heinrich dem Zänker schlossen sich daher zu einer coniurcatio zusammen..

Diese coniurcatio diente als politisch-handlungsfähiger Verband und war eine Schwureinigung von Herzögen und Grafen. Auf Seiten des Zänkers versuchte man diese Vereinigung mittels militärischen Drucks zu schwächen.
Doch das gelang nicht und das Verhältnis kehrte sich um. Man war nun bereit eine Mittellösung zu akzeptieren, damit dieser Konflikt sich nicht weiter ausbreitete.
Es sollte eine Friedensverhandlung geben, doch Heinrich flüchtete zurück nach Bayern um dort mit den fränkischen Großen die Pattsituation zu lösen. Doch die fränkischen Herzöge waren unter keinen Umständen bereit, von der Thronfolge Otto III. Abstand zu nehmen. Damit hatte er nun zwei Möglichkeiten, entweder die kriegerische Möglichkeit gegen das coniurcatio zu wagen oder das königliche Kind seiner Mutter Theophanu zu übergeben Letzteres passierte im thüringischen Rohr am 29.Juni 984.

Theophanu führte nun bis zu ihren Tode unangefochten die Reichsgeschäfte. Ihre Regierung war umsichtig und erfolgreich: Durch die Unterstützung des Hauses Capet, das erfolgreich Anspruch auf den französischen Thron erhob, sicherte sie dem Reich Lothringen. Ihre Erfolge in Italien waren zwar nur kurzfristiger Art, aber welcher deutscher Kaiser hatte dort mehr gewonnen?
Im Norden und Osten erreichte sie durch die Vergabe von Markgrafschaften an tatkräftige Männer eine Stabilisierung. Doch bevor der kleine Otto volljährig wurde, verstarb seine Mutter am 15. Juni 991 in Nimwegen.
An ihrer Stelle als Regentin trat allem Anschein nach problemlos Ottos Großmutter Adelheid. Kaiserin Adelheid, Großmutter Ottos III., war als fromme Frau bekannt, jedoch fehlte ihr das politische Geschick der Theophanu. Die Stabilisierung wurde nicht in Frage gestellt, aber der Einfluss des Reiches ging besonders in den slawischen Gebieten (Böhmen, Polen, Elbslawen) weiter zurück.


Die frühen Jahre des Kaisers/Der erste Italienzug




Otto III. von Joseph Anton Settegast (1813-1890) Als Otto mit Empfang der Schwertleihe zu Solingen im September 994 die Regierungsverantwortung übernahm, galt es zunächst die Einbrüche die das Reich während der Regentschaft seiner Großmutter erfahren hatte wieder wettzumachen. Zugleich aber kündigte sich mit seinem Entschluss zu einem Romzug der Leitgedanke seiner künftigen Politik an.
Im Frühjahr 996 brach er nach Italien auf. Der letzte römische Stadtpräfekt Crescentius versuchte zu dieser Zeit den Papst unter seinem Einfluss zu bringen. Eben in diesen Moment bedurfte der Papst einen Kaiser. Der Tod von Papst Johannes XV gefolgt von der Bitte der Römer um die Benennung eines Nachfolgers, manifestierte sich in der Nachfolge des Hofkapellahn Brun, dem Sohn des Herzogs Ottos von Kärnten, Urenkel Ottos des Großen. Als Gregor V wurde Brun der erste deutsche Papst.

Diese Entscheidung über die Bennennung einer seiner Hofkappelläne zum Papst war eine ausgebildete Gewohnheit der Ottonischen Machtstruktur. Die Wahl wurde rechtlich durch die Vergabe eines Reichsbistums gesichert.
Denn die Besetzung mit Männern der königlichen Hofkapelle war schon durch Otto den Großen geschehen. Das wiederum war ein charakteristisches Merkmal des sogenannten Ottonischen Reichskirchensystems. Mit dem sein Schöpfer die Königsherrschaft auf eine neue und bis zum Investiturstreit, solide Grundlage gestellt hatte. Das System stieß jedoch auf Grenzen, d.h. die Königsherrschaft über die Reichskirchen durfte sich nicht mit den kirchlich-jurisdiktionellen Befugnissen des Papstes überschneiden.

So lag auch die Kaiserpolitik als solche in der Konsequenz dieser Konzeption, ebenso aber auch die Befreiung des apostolischen Stuhls aus den Fesseln der römischen Adelsherrschaft. Aus den Händen Gregors V empfing Otto III. Am 21.Mai 996 die Kaiserkrone und wurde somit zum "Kaiser der Römer" mit der Zustimmung und dem Rat des Papstes Gregor, der Römer, Franken, Bayern, Sachsen, Elsässer, Schwaben und Lothringer. Der Völkerkatalog interpretierte die Kaiseridee.
Die Spitzenstellung der Römer vor dem Franken und den übrigen deutschen Stämmen zeigt, das der Römername auch im Kaisertitel nicht nur wie schon beim Vater, die Rivalität mit Ostrom betonen sollte, sondern die Römer zum Reichsvolk des Kaisers erhob. An die mehrtägigen Krönungsfeierlichkeiten schloss sich eine Synode in Rom an, die Papst und Kaiser leiteten. Dort wurde über aktuell kirchliche Probleme verhandelt, zum Beispiel die Besetzung des Erzstuhles in Reims oder über die Problematik des Prager Bischofs Adalbert, der seit Jahren sein Bistum verlassen hatte.

Adalbert spielte in der Folgezeit eine wichtige persönliche Rolle für Otto. Weitere Problemkreise unter anderen auch die Besitzbestätigung und Immunitätsprivilegien für italienische Bistümer und Klöster machte deutlich, das sich die Synode mit der Endfremdung von Kirchengut beschäftigte und dieser Entwicklung begegnen sollte. Außerdem sollte die gemeinsame veranstaltete Synode die enge Verbindung von Kaisertum und Papsttum zum Ausdruck bringen. Das wiederum hatte auch schon Otto der Große in einer Synode präsidiert. Hintergrund dieser Problematik war die Zweigewaltenlehre von Papst Gelasius (492-496).Dieser stellte die Amtsgewalt der weltlichen Herrscher die priesterliche Autorität gegenüber und betonte deren prinzipiellen Überlegenheit.
Die sakrale Sonderstellung des Königs, das heißt Weihekönigtum von Gottes Gnaden wurde 751 legitimiert. Während der Ottozeit wurde sie weiter und erheblich ausgebaut. Das bedeutet, die Sonderstellung des Königs rechtfertigte dessen Kirchenherrschaft. Daraus erfolgt die Vertiefung des Reichkirchensystems. Die königliche bzw. kaiserliche Teilhabe an der universalen Zuständigkeit des Papstes wurde gesteigert, Reichskirchen werden zum Königsdienst herangezogen durch personelle Verflechtungen mit der wachsenden Hofkapelle. Otto III. erweitert den Anspruch durch Neuerung der Mitgliedschaft des Königs mit mehreren Domkapiteln aufgrund einer von ihn selbst gestifteten Pfründe.


Der zweite Italienzug



Otto stieß mit diesen Änderungen und Ernennung des Papstes auf starken Widerstand in Rom. Durch eine stadtrömische Verschwörung von Crescentius, der sich schon jetzt als Senator betitelte, wurde der neuen Papst Gregor V vertrieben. Das war der Anlass für den zweiten Italienzug im Februar 998. Der Papst selber floh aus Rom und musste sich unter Schutz eines kaiserlichen Vasallen stellen. Johannes Philagathos (Grieche) wurde vom römischen Stadtpräfekt zum Gegenpapst erhoben. Dieser Mann war für Otto kein Unbekannter, so diente Johannes schon unter seiner Mutter Theophanus als Brautwerber und Berater. Doch der Gegenpapst stieß außerhalb Roms auf schroffe Ablehnung.

Papst Silvester II. Der Kaiser der Römer startete sofort ein Rachefeldzug. Crescentius verschanzte sich in der sogenannten "uneinnehmbaren" Engelsburg und der Gegenpapst floh aus Rom. Die Römer aber, durch die Ankunft des kaiserlichen Heeres erschreckt, strebten eine gütliche Einigung mit dem Kaiser an. Das heißt es erfolgte keine übliche militärische Auseinandersetzung.
Der sogenannte "Senator" saß dadurch machtlos und zugleich unangreifbar auf der Engelsburg fest. Die Festung wurde von Truppen belagert und unter Vortäuschung von kaiserlichen Sicherheitsgarantien konnte der Stadtpräfekt Roms herausgelockt und getötet werden. Johannes nach einer wilden Flucht durch Italien aufgespürt und von einer neuen Synode rechtlich abgesetzt durch Verstümmelung und Blendung amtunfähig gemacht, verschwand in einem römischen Kloster. Ein Jahr danach starb überraschend Gregor V. und Geberts von Aurillac als Papst Silvester II. übernahm den neuen Papststuhl (999).

Der Renovatio Gedanke


Huldigung und Repräsentation Nach dieser Auseinandersetzung erfolgte eine Erneuerung des Römerreiches. Dadurch nahm die Politik des jungen Kaisers konkretere Gestalt an. Bereits nach seiner Kaiserkrönung hatte er den Titel "Romanorum imperator augustus" geführt, dadurch wollte und musste er die Römer für sich gewinnen, der Titel sollte offensichtlich die kaiserliche Gewalt in Rom selbst, in Italien, in Deutschland legitimieren. Die seit 998 verwendete Metallbulle, nach byz. Brauch anlehnende Neuerung, trug die programmatische Umschrift "Renovatio imperii Romanorum" (Erneuerung des Imperiums der Römer).

Dahinter stand der Plan einer christlichen Erneuerung des Römischen Reiches als Rahmen für Ottos weit ausgreifende die östlichen Nachbarländer einschließenden Missionspläne. Der Renovatio Gedanke kann man begrifflich definieren und bedeutet Erneuerung bzw. Wiederherstellung eines als beispielhaften angesehenen idealen Zustands. Die Erneuerung des staatlichen und religiösen Leben im Imperium war eines der Hauptziele.
Rom konnte dadurch wieder als Hauptstadt der Welt angesehen werden, begeleitet wurde sie von teilweisen spektakulären Maßnahmen wie die Einrichtung einer kaiserlichen Pfalz auf dem Paladin. Damit trat Otto aus den Fußstapfen seines Vaters und Großvaters heraus und setzte sich über die konstantinischen Schenkungen hinweg, die Rom den Päpsten vorbehalten wollten. Ein weiterer Schritt in diese Richtung war die Umgestaltung des Hofzeremoniell und Ämtertitulaturen nach römischen Vorbild, sowie einer Neubelebung des Patriziats.

Titel und Ämter konnten nach dem Beispiel des byzantinistischen Hofstaat vergeben werden, doch keiner der Titel entsprach konkreter Aufgaben. Neue Ämter waren unter anderen die magister palatii (Amt zum Bau einer Pfalz). Kernstück der angestrebten Politik war das einträchtige Zusammenwirken von Kaiser und Papst, wie es nach der Papsterhebung von Silvester II.
Wirklichkeit wurde. Voraussetzung hierfür war die Befreiung des Papsttums aus der Abhängigkeit des stadtrömischen Adels. Karolingische Traditionen standen wieder hoch im Kurs, die Öffnung des Grabes von Karl dem Großen in Aachen bezeugte diesen Prozess. Ottos ungewöhnliche Verehrung zu Karl bedeutete das die Aachener Kirche zu einem Abbild der römischen Kirche wurde.
Die von Kaiser und Papst gemeinsam gestaltete Politik gipfelte in der Einbeziehung Polens und Ungarns, die eine eigenständige kirchliche Organisation bekam.

Die Ostpolitik von Otto III.

Nach dem römischen Erneuerungsgedanken eng verzahnt, war das Verhältnis zu den östlichen Nachbarn des Reiches. Die Aufwertung, ja Selbstständigkeit die er den dortigen Herrschern zubilligte, schien geboren aus einer Konzeption, die dem Kaiser als Oberherrn einer Familie von Königen sah. Man erkennt hier deutlich antike und byzantinische Vorbilder und Einflüsse. Im Jahre 1000 unternahm Otto eine Wallfahrt zum Grabe Adalberts (Prager Bischof und Bekannter von Otto). Dieser hatte sich mit der Unterstützung von Boleslav Chrobrys der Pruzzenmission zugewandt und wurde von ebendiesen erschlagen, wonach Boleslav seinen Leichnam auslöste und nach Gnesen überführen ließ.

Boleslaw I. Chrobry (Der Tapfere) Die Pilgerfahrt als orationis causa diente dabei als Formulierung von kirchlichen und politischen Fragen mit dem polnischen Herrscher, des weiteren ging es um die Reliquien Adalberts. Otto schloss mit Chrobry ein Freundschaftspaket und übereignete ihn eine Kreuznagelreliquie versehene Mauritiuslanze. Als Gegengabe empfing er ein Armreliquiar des Heiligen Adalberts. Der Polenherrscher wurde nun zum Bruder und Mitarbeiter des Imperiums und zum Freund und Bundesgenosse des römischen Volkes. Darüber hinaus überließ er, was an kirchlichen Ehrenämtern im Königreich Polen bestand hatte, ihm und seinen Nachfolger die Ämter, das bedeutet, er konzedierte ihm alle kaiserlichen Rechte in Angelegenheit der Kirche. Die Einrichtung eines Erzbistums in Gnesen mit unterstellten Bistümern in Kohlberg ,Krakau und Breslau wurde auch vom Papst Silvester bestätigt.

Die Formulierungen, mit denen die neue Stellung Boleslavs ausgezeichnet wurde, trugen die Stempel des Renovatio-Programmes. Die Abtretung der Kirchenhoheit erhöhte dessen Stellung über die eines jeden deutschen Stammesherzog, wenn auch nicht zum königlichen Rang, den er erst 1025 erreichen sollte. Das Schutzverhältnis zur römischen Kirche konnte ausgebaut werden, insofern wurde Boleslav zum Teilhaber des Imperiums. Im Gegenzug sollte für Ungarn, in Entsprechung zu den für Polen getroffenen Regelungen, die Schaffung eines zentralen Fürstensitzes und Handelszentrum vorgeschlagen. Otto selber wandelte damit auf den Spuren seines Freundes Adalberts. Die Missionierung Ungarns entwickelte sich weiter, die Königsweihe für den ungarischen Herrscher im Namen Stephan wurde durchgeführt. Der König Stephan, ein Sohn des Fürsten Geisa sollte im Auftrage des Missionserzbischofs von Ungarn im Namen des Papstes geweiht werden. Das Ergebnis dieser Ostpolitik gipfelte in der Verselbständigung der polnischen und ungarischen Kirche.

Der frühe Tod


Ottos kühne Pläne fanden jedoch ein schnelles Ende, als Anfang 1001 in Rom ein Aufstand ausbrach. Der Grund dieses Aufstandes, war die Erhebung Tivolis gegen die kaiserliche Herrschaft. Die Stadtbewohner Tivolis erschlugen den Befehlshaber der als familiares des Monarchen bezeichnet wurde. Der junge Kaiser belagerte mit seiner Armee die Stadt. Als die Einkreisung, die mit einigen technischen Aufwand und Erdarbeiten zur Unterbrechung der Wasserzufuhr stattfand, wollte dieses zu keinem Erfolg führen.
Papst Silvester II. und Bischof Bernward stellten sich als Vermittler und garantierten eine Genugtuungsleistung. Das bedeutete das alle Bürger barfuss und in Büßergewand mit einer Rute in der Hand vor dem Kaiser zogen und Buße taten, als Gegenleistung wurde die Unterwerfung von Otto und Papst verbürgt. Diese Begnadigung aber fand kein Anklang bei den Römern, als der Rädelsführer Graf Gregor von Tusculum namhaft gemacht worden war.
Jener hatte zuvor eine Vertrauensstellung bei Otto inne und war sein persönlicher praefectus navalis gewesen, also Befehlshaber jener berühmten Flotte, von der nie ein Schiff in See stach. Die Römer verschlossen sich unwillig dem Kaiser, weil Otto die Genugtuungsleistungen der Bürger offenbar als nicht ausreichend angesehen und deshalb zusammen mit dem Papst die Stadt verlassen hatte, ohne den Konflikt wirklich beigelegt zu haben.

Ratgeber drängten den Kaiser, sich dem unsicheren Zustand dort zu entziehen (Rom) und außerhalb militärische Verstärkung abzuwarten. Somit verließ der Kaiser und der Papst Rom mit der festen Absicht, sie nach dem Eintreffen von deutschen Verstärkungen bald zurück zugewinnen. Doch die Verstärkungen aus Köln, Würzburg, Mainz, Worms und Fulda war weit oberhalb im Norden des Sachsenreiches zusammengezogen. Er ging daher zu der Eremitensiedlung Romualds und oblag dort Buß und Fastenübungen.

Außerdem besuchte er auf abenteuerlicher Weise Venedig, doch diese Reise musste mit Rücksicht auf Byzanz in aller Heimlichkeit geschehen. Venedig hatte vor kurzem erfolgreich an der dalmatinischen Küste Fuß gefasst, der Kaiser wollte eben diese Stadt als ein weiteres Mitglied seines Imperiums gewinnen. Die Brautwerbung am byzantinischen Hof wurde trotz der Flucht nicht unterbrochen und endlich von Erfolg gekrönt. Eine Prinzessin aus der legitimen Makedonen Dynastie wurde nach Bari eingeschifft. Doch der Tod des jungen Kaisers am 24. Januar 1002 durch Malaria machte alles zunichte.
Die Truppenkontingente trafen jetzt beim Hofstadt des Kaisers ein und waren somit völlig wertlos. Nach seinem eigenen Wunsch wurde er in der Aachener Pfalzkapelle der Grabeskirche Karls des Großen zur letzten Ruhe gebettet. Das Ottonen Imperium Rom und Italien waren fürs erste verloren. Deutschland stürzte in die Krise eines Thronfolgestreites, doch die bayerische Linie der Ottonen Heinrich II. (Sohn des "Zänkers") sicherten die Lage. In den Beziehungen zu Polen wurde zunächst die Genesener Linie fortgesetzt. Der Polenherrscher empfing die Lausitz und das Milzener Land als Lehen aus der Hand Heinrichs II. Doch lange sollte diese Zusammenarbeit nicht gehen, Chrobry versuchte ganz Böhmen in seine Hand zu bekommen ohne dabei dem Kaiser zu huldigen. Heinrich II. schloss daher ein Bündnis gegen die erstarkte polnische Großmacht mit den heidnischen Liutizen. Das stellte den entgültigen Bruch der Ottonischen Ostpolitik dar und führte zu einem Krieg der erst 1018 beendet wurde.

Die Erneuerung des Römerreiches war eine Vision geblieben, in ihrem Horizont hatte der gesamte, nicht byzantinische, Kontinent bis hin zum russischen Reich Kiev gelegen. Es fällt deshalb schwer, ein abschließendes Urteil darüber zu bilden. Ein Schwachpunkt in Ottos Renovatio Konzeption lag sicher darin, dass die Verbindung zu der regna verloren zugehen drohte. Als bleibende Leistung ist hingegen die Verschmelzung von fränkischen-deutschen und römischen Traditionen im Rahmen seiner Renovatio Vorstellung festzuhalten, die als eine der gedankenreichsten und tiefsten Konzeptionen, zu denen das kaiserliche Lager im Mittelalter gelangt war. Der römische Kaisertitel hatte sich durchgesetzt und das Reichskirchensystem wurde von seinem Nachfolger erheblich ausgebaut. Als sich Polen und Ungarn vom Reich abspalteten, so wurde die lateinische Staatenwelt Europas um zwei wichtige Glieder erweitert. Ein Schritt von großer Tragweite auf dem Wege zur Bildung Europas als eine Familie von Nationen..



Literatur:

  • Angermann, Norbert (Hrsg.): Lexikon des Mittelalters. .Lukasbilder bis Plantagenet Bd.6 München 1993
  • Beumann , Helmut: Kaiser Otto III. Das Evangeliar Ottos III. Frankfurt am Main 1978
  • Freiherr vom Stein, Rudolf Bachner (Hrsg.) : Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Gedächtnisausgabe Bd.16, Berlin 1966
  • Gerd, Althoff: Otto III. Darmstadt 1996
  • Pleticha, Heinrich (Hrsg.): Deutsche Geschichte. Vom Frankenreich bis zum Deutschen Reich 500-1024. Gütersloh 1987

schließen